Luxemburger CSV-Europaabgeordnete ziehen Bilanz„Wir bekommen strikt nichts hin“
24.12.2009 - journal.lu
Nachdem vor einigen Tage schon die Luxemburger Europaabgeordneten Charles Goerens (DP), Claude Turmes (Grüne) und Georges Bach (CSV) Bilanz über ihre Arbeit im Europaparlament gezogen hatten, zogen die drei CSV-Europaabgeordneten Astrid Lulling (die bei der ersten Bilanzpressekonferenz arbeitsbedingt in Mexiko weilte), Frank Engel und - schon wieder - Georges Bach gestern noch einmal auf einer eigenen Pressekonferenz Bilanz.
Astrid Lulling, Frank Engel und Georges Bach haben sich im Europaparlament eingelebt Photos: Pascal Steinwachs
Den Atem nicht verlieren
Für Georges Bach, der am 7. Juni zum ersten Mal ins Europaparlament gewählt wurde, war dies also bereits die zweite Bilanzpressekonferenz binnen weniger Tage, wobei er sich diesmal aber nicht mehr ganz so pessimistisch zeigte, wie bei der ersten Pressekonferenz. Hatte er sich hier noch über den Personalzirkus in Brüssel schockiert gezeigt, so zeigte er sich gestern überzeugt, dass jeder Europaabgeordnete trotzdem was im Europaparlament bewegen könne. In erster Linie müsse man hier aber lernen, den „Atem nicht zu verlieren“, und das wolle er versuchen. Nach der Anhörung der designierten EU-Kommissare Mitte Januar könne man dann vielleicht endlich richtig mit Arbeiten anfangen.
Frank Engel, der gewesene CSV-Fraktionssekretär, ist auf europäischer Ebene zwar ebenfalls ein Neuling, trat gestern aber als Wortführer des luxemburgischen „C“-Triumvirats auf und benahm sich so, als sei er schon seit Jahren dabei.
„Um Robert Mugabe den90. Geburtstag zu finanzieren“
Auch er ärgerte sich, dass sich das Europaparlament nun schon derart lange mit Personalfragen und organisatorischen Dingen herumplagen müsse. Als einen für ihn „glücklichen Moment“ bezeichnete er indes das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags, womit einer jahrelangen Odyssee endlich ein Ende gesetzt worden sei.
Kritisch äusserte sich Engel allerdings zur Klimadebatte, wo von 30 Milliarden Euro gesprochen werde, die Europa hier aufbringen müsse, ohne dass aber bislang geklärt sei, wo diese Gelder überhaupt herkommen sollen und was einmal mit ihnen geschehe. Er wolle auf jeden Fall nicht, so der Sprecher der Luxemburger CSV-Europaabgeordneten, dass sich Robert Mugabe (afrikanischer Politiker, d. Red.) „hiermit seinen 90. Geburtstag finanziert“. Was nun die eigentliche Arbeit im Europaparlament anbelangt, so ist Engel der Meinung, dass sich die drei CSV-Vertreter inzwischen mehr oder weniger gut in Brüssel eingearbeitet hätten.
Für die Kleinen nur Krümel
Einziger Schönheitsfehler: im Verteilungssystem des Europäischen Parlaments würden drei Abgeordnete so gut wie keine Rolle spielen. So würden die kleinen Delegationen am Ende nur das bekommen, was die anderen übrig gelassen hätten, was auch und insbesondere für die Fraktion der Europäischen Volkspartei gelte.
Luxemburg habe hier so gut wie keine Chance, an einem wichtigen Bericht zu arbeiten, wie es auch so gut wie keine Chance habe, einen wichtigen Posten zu bekommen, so dass man sich vielleicht überlegen könnte, sich auf Ebene der Benelux zu organisieren, ansonsten das Ganze keinen Zweck habe. „Wir bekommen strikt nichts hin“, so Engel in diesem Zusammenhang.
Kompetenz vor Größe
Die erfahrene Astrid Lulling (Jahrgang 1929) zeigte sich weitaus weniger frustriert als ihr junger Vorredner und musste diesen dann auch daran erinnern, immerhin eine der Quästoren zu sein, was so schlecht und unwichtig ja nun auch nicht sei. Allerdings hätte in früheren Zeiten weniger die Größe denn die Kompetenz gezählt.
Als die Quästorin dann auch noch anfing, auf ihre Arbeit in den verschiedenen Parlamentsausschüssen einzugehen, wurde sie von Frank Engel angeschnauzt, doch bitte nicht jedes Jahr einzeln zu kommentieren.
Ins eigene Knie schießen
Die Diskussion kam dann auch noch auf die Standortfrage des Europaparlaments, das ja gerne als Wanderzirkus bezeichnet wird. Frank Engel gab diesbezüglich zu verstehen, dass objektiv gesehen nichts dafür spreche, dass das Generalsekretariat des Europaparlaments in Luxemburg sei, hätten hier doch bereits seit Jahrzehnten keine Sitzungen mehr stattgefunden, worauf Astrid Lulling die forschen Aussagen ihres „jungen Kollegen“ aber etwas relativieren musste. Wer sich selbst ins Knie schießen wolle, der müsse einfach die Debatte um den Kostenpunkt der drei Europastandorte in die Öffentlichkeit bringen, so Lulling, um abschließend noch einmal darauf hinzuweisen, wie wichtig doch vor allem der persönliche Kontakt zwischen den verschiedenen Abgeordneten sei. In Brüssel, wo alle nach Dienstschluss in ihren Wohnungen verschwinden würden, sei dies nun einmal schwieriger zu bewerkstelligen als in Straßburg...
› St.
Gute Freunde der Luxemburger Quästorin dürfen sich von dieser einen guten Tropfen mit dem Lulling‘schen Konterfei erwarten
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