Sonntag, 10. Oktober 2010

Keine Liberalisierung der Pflanzrechte im Weinbau!

Intergruppe Wein im Europäischen Parlament

Keine Liberalisierung der Pflanzrechte im Weinbau!

Auf Einladung von Astrid Lulling nahm der EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Dacian Ciolos, Stellung zur Qualitätspolitik und zum Auslauf der EU-Pflanzrechtsreglung im Weinbau Sektor.

Die vom Ministerrat Ende 2008 beschlossene Abschaffung der Pflanzungsrechtregelung 2015 löst in zahlreichen Weinbauregionen erhebliche Zukunftsängste aus. Diese extrem liberale Maßnahme wurde vor allem von der vorhergehenden Kommissarin, der Dänin Mariann Fischer Boel, gewollt und durchgesetzt. Sie wird einer Industrialisierung des europäischen Weinbaus Vorschub leisten. Die Deregulierung, die diese Maßnahme mit sich bringt, wird ohne Zweifel zu Lasten der kleinen und mittleren, traditionellen Weinbaubetriebe gehen.

Diese Maßnahme muss außerdem im Zusammenhang mit der Liberalisierung der Etikettierung betrachtet werden, die es seit 2009 bei Weinen ohne geographische Angabe (ehemals Tafelweine) gestattet, Angaben zu Rebsorte und Jahrgang zu machen. E ist genau diese Kategorie von Weinen, die durch das Etikett aufgewertet werden, ohne gleichzeitig die Anforderungen an Weine mit geographischer Angabe (geschützte Ursprungsbezeichnung und geschützte geographische Angabe) einhalten zu müssen.

Selbst wenn man in Gebieten mit Ursprungsbezeichnungen über Instrumente verfügt, um die Neupflanzungen in der jeweiligen Gegend zu kontrollieren, wird man sich nicht dagegen wehren können, dass unmittelbar daneben Pflanzungen industriellen Typs angelegt werden, vorzugsweise auf ebenem Gelände, auf dem der Investor durch Mechanisierung Arbeitskraft einsparen kann. Diese könnten dann von dem Bekanntheitsgrad der benachbarten Lage profitieren, ohne deren Auflagen einhalten zu müssen.

In dem Wunsch, dass die Diskussion mehr sachlich als leidenschaftlich geführt werde, erklärte der Agrarkommissar eingangs: „Ich ziehe die Qualitätspolitik der Mengenpolitik vor, aber die Pflanzrechte allein können die Qualitätsprobleme und auch die Überschussprobleme der EU nicht lösen“. Er versicherte, dass er ein offenes Ohr habe und darauf bedacht sei; „die Auswirkungen der Reform zu untersuchen, um zu sehen, was daran verbessert werden kann“, und fuhr fort: „Die Kommission muss sicherlich vor Ende 2012 einen Bericht ausarbeiten, aus dem ersichtlich wird, wie die mit der Reform etablierten Instrumente wirken, aber eventuelle Änderungen zu verabschieden ist die Sache von Rat und Parlament.“

Zum Thema Pflanzrechte gäbe es einen festen Beschluss, dass diese noch bis 2015 gelten, Mitgliedsstaaten den Anbaustopp jedoch auch bis 2018 ausdehnen könnten. Bis dahin sei noch viel Zeit um ein „Gleichgewicht zwischen der Entwicklung der Märkte und der Entwicklung im Anbau zu finden“, so Ciolos.

Dem gegenüber gaben u.a. der deutsche Weinbaupräsident Norbert Weber und auch der Präsident der "European Federation of Origin Wines", Riccardo Ricci Curbastro, zu bedenken, dass für den Weinbau eine Zeitspanne von fünf bis acht Jahren sehr kurz ist.

Jungwinzer aus Ortenau, die an der Sitzung teilnahmen, betonten, wie wichtig die derzeitige Pflanzrechtsreglung nicht nur für die mittelständigen Unternehmen, sondern auch für die Erhaltung der Kulturlandschaft, der Qualität im Kulturgut Wein und dem Tourismus in den betreffenden Regionen ist.

Astrid Lulling, Präsidentin der Intergruppe, betonte die Notwendigkeit, jede Unsicherheit über die Zukunftsperspektiven auszuräumen, die sich für die kleinen und mittleren Betriebe völlig geändert hätten. Sie erinnerte den Kommissar abschließend ausdrücklich daran, nicht außer Acht zu lassen, dass er auch Kommissar für ländliche Entwicklung sei und dass es in dieser Hinsicht "sehr teuer würde, die von diesem Punkt der Reform verursachten sozio-ökonomischen Schäden zu reparieren“. Sie fügte hinzu: „Es ist nie zu spät, eine Sache besser zu machen.“

Keine Kommentare: